Wolfsburg – Wien – Velden – Wolfsburg elektrisch

Tag 1: Wolfsburg – Wien

Nachdem durch die sommerliche Reduktion der Corona-Zahlen das Reisen zwischen Deutschland und Österreich ohne Quarantäneerfordernisse möglich wurde, plante ich einen längeren Rundkurs: Wolfsburg – Wien – Velden – Wolfsburg, rein elektrisch versteht sich.

Nach langer Zeit wollte ich meinen Sohn und Freunde in Kärnten besuchen. Das Fahrzeug würde das Tesla Model 3 LR aus 2020 sein.

Streckenplanung mit Google Maps
Quelle: Google Maps

Als erstes – und einziges – Hindernis stellte sich der Tesla-Routenplaner heraus, den ich ja schon an anderer Stelle behandelt habe. Nach wie vor kann er keine Zwischenziele verarbeiten und alternative Routen kann man ebenfalls nicht auswählen.

Hartnäckig bot er mit also die Strecke durch die Tschechische Republik an, die ich aber trotz der kürzeren Strecke nicht nehmen wollte. Allein die Komplikationen zweier Grenzübertritte hätte als Hinderungsgrund ausgereicht, aber die mäßig guten Straßen und die Lücke in der Autobahn waren ebenfalls nicht attraktiv.

Also musste ich zuerst eine Strecke zur Raststation Aistersheim in Österreich planen. Im Ladesäulenverzeichnis hatte ich dort eine Schnellladesäule mit 150 kW Maximalleistung von da emobil gefunden, die mit einem Minutentarif von 30 Cent über Shell Recharge auch noch sehr günstig angeboten wurde: Ein halbe Stunde Ladezeit würde lediglich 9 Euro kosten und das Model 3 sollte in dieser Zeit ordentlich Strom einsaugen können.

Die Maut für Österreich von EUR 9,50 für hatte ich bereits in Form der elektronischen Vignette bezahlt, Anhalten und Aufkleben würde sich somit erübrigen.

Google Maps hatte eine Fahrzeit von 9 Stunden und 6 Minuten berechnet. Abfahrt um 8:54 mit 100 Prozent im Akku, 22 Grad Außentemperatur, Reifendruck 2,9 Bar. Zum ersten Ladestopp ließ mich das Tesla-Navi um 10:45 in Nempitz nach 192 Kilometern bei 52 Prozent bzw. 244 Kilometern Restreichweite abfahren, für meinen Geschmack etwas zu früh.

Der Durchschnittsverbrauch lag zu diesem Zeitpunkt bei 17,2 kWh pro 100 km, die Temperatur bei 31 Grad. Einige Teslas hingen an den Steckern, auf den Ionity-Ladepunkten herrschte hingegen gähnende Leere. Der erste Ionity-Kunde war ausgerechnet ein Tesla Model 3, der sich aber nur testhalber ansteckte. Abfahrt 11:03!

Nach weiteren 240 Kilometern war um 13:12 in Wernberg-Köblitz der nächste Supercharger-Zwischenstopp. Dort war ich vorerst der einzige Ladekunde, bis sich zwei weitere Teslas einstellten. Auch dort bestand keine Nachfrage bei den Ionity-Säulen. Der Durchschnittsverbrauch bis dahin war auf 17,7 kW pro 100 km angestiegen.  Mittlerweile betrugt der Reifendruck 3,2 Bar.

Nach kurzem Stau an der Bundesgrenze dauerte es nicht mehr lange bis zur Raststätte Aistersheim. Die Ladesäule von da emobil in Orange war leicht zu finden und ließ sich mit Shell Recharge problemlos starten. In 21 Minuten verspeiste das Model 3 genau 42,78 kWh. Mit den erwarteten Kosten von EUR 6,30 ergab sich ein Preis von weniger als 15 Cent pro Kilowattstunde. Take that, Ionity! Und auch gegenüber dem Tesla-Supercharger weniger als der halbe Preis. Sehr empfehlenswert also! 

Nach dieser günstigen Zwischenladung war es kein Problem mehr, bis nach Wien zu fahren – Ankunft 18:50. Insgesamt dauerte die Fahrt für eine Strecke von 889,4 Kilometern knapp 10 Stunden. Der Gesamtverbrauch betrug 153 kWh, der Durchschnittsverbrauch von 17,1 kWh pro 100 Kilometer.

In Anbetracht von Unfall- und Grenzstau sowie einigen Baustellen finde ich das hervorragende Werte! Mit etwas Anstrengung und Auspressen der Batterie hätte ich vielleicht noch 20-30 Minuten herausholen können, aber ich wollte ja keine 900 km-Challenge fahren 😉

Mit dem Renault Zoe hatte ich übrigens etwa 19 Stunden für dieselbe Strecke gebraucht…

Tag 2: Wien – Velden

Velden wird nicht jedem geläufig sein, in Österreich ist der Ort allerdings durch das dortige Casino und seine Lage am schönen Wörthersee durchaus sehr bekannt. Ein langjähriger Freund hatte beschlossen, dort seine Zelte aufzuschlagen, obwohl er keinerlei Kärntnerische Wurzeln hat. Aus Wien würde ich einen weiteren Freund mitnehmen, der noch nie in einem Elektroauto mitgefahren war.

316 Kilometer lagen vor uns, eine eher kleine Etappe also. Eigentlich wollte ich durchfahren, hatte aber nur auf 86 Prozent geladen und das Tesla-Navi bot uns Kapfenberg als Zwischenhalt für eine 10 Minuten-Ladung an. Nachdem das Navi dort eine Tesla-Lounge anzeigte, war der Plan klar: Diese zehn Minuten wollten wir uns nicht entgehen lassen.

Eine Fahrt im Alpengebiet bei strahlendem Sonnenschein ist an landschaftlichem Reiz kaum zu überbieten – schöner kann man nicht reisen. Erwartungsgemäß war mein elektrojungfräulicher Mitfahrer vom Fahrverhalten, der Beschleunigung („wie mein Motorrad!“) und dem problemlosen Laden des Model 3 beeindruckt. Mal sehen, was sein nächstes Auto sein wird…

Ankunft mit komfortablen 19 Prozent in der Batterie, auch wenn das Anzeigegerät des Autos in Velden einfach abstürzte und wir bis zum Neustart mit schwarzem Bildschirm einen kleinen Umweg fuhren, weil wir uns natürlich auf die Routenführung verlassen hatten. Das ist beim Model 3 nach wie vor ein zu häufiges Ereignis, zumal man dann keine Geschwindigkeitsanzeige und keine Einstellmöglichkeit für den Scheibenwischer mehr hat. Zum Glück war das Wetter sommerlich schön und langsames Fahren ist in Velden ohnehin eine gute Idee. Trotzdem: Komplettabsturz der einzigen Anzeigeeinheit während der Fahrt darf eigentlich nicht vorkommen.

Gleich nach der Ankunft kam das Auto an die Schuko-Steckdose – mehr als 22 Stunden bis 100 Prozent, dafür würde die Zeit absehbar nicht ganz ausreichen, denn am nächsten Tag stand am Vormittag die Rückfahrt auf dem Plan.

Tag 3: Velden – Wolfsburg

Vor dieser Strecke hatte ich noch EUR 12,50 für die Maut auf der Tauernautobahn bezahlt, um die automatischen Schranken nutzen zu können. Per Kennzeichenerkennung wird die Bezahlung der Maut geprüft und der Schranken öffnet sich dann einfach – fertig! Maut kann so einfach sein…

Ich hatte seit meiner Ankunft in Velden mit dem 2,8 kW-Schuko-Adapter von Tesla geladen, 433 Kilometer Reichweite versprach die Anzeige. Erster Ladestopp würde der Supercharger in Weyarn werden und auch dort würde es eine Tesla-Lounge geben. Abfahrt um 10:02.

Nach 295,2 Kilometern um 12:55 hatte ich den Supercharger Weyarn erreicht. Der Durchschnittsverbrauch lag bei sehr günstigen 15,3 kWh pro 100 km. Allerdings verlief die Strecke größtenteils bergab und war mit 100 km/h-Begrenzungen nur so gespickt – jeder Tunnel war tempobegrenzt und davon gab es auf der Strecke sehr viele. 50 Minuten sollte der Ladevorgang dauern, allerdings war ich etwas ungeduldig und fuhr bereits nach 40 Minuten los, da die Ladeleistung bei 86 Prozent Füllungsgrad bereits deutlich gefallen war.

Natürlich reagierte Tesla prompt und winkte mich nach weiteren 172 Kilometern zum Supercharger Hilpoltstein an die Boxen. Danach reichte der Batterieinhalt aber endgültig bis Wolfsburg, wo ich um 20:08 ankam.

Etwas über 10 Stunden finde ich auch für dieser Strecke eine tadellose und praxisgerechte Fahrzeit!

Fazit

Insgesamt betrug die gefahrene Strecke 2.236 Kilometer, für die ich 370 kWh verbraucht habe. Der Durchschnitt betrug 16,5 kWh pro 100 km und das finde ich einen sehr guten Wert. Bezüglich Geschwindigkeit war ich immer regelkonform unterwegs, der Tempomat stand maximal 5 km/h über dem jeweiligen Limit. In Deutschland auf der Autobahn fuhr ich größtenteils Richtgeschwindigkeit, in den unbegrenzten Abschnitten gelegentlich etwas schneller.

Kommen wir nun am Ende zu einem der Reizthemen der Elektromobilität: Den Kosten. Für viele ist die Elektromobilität ein Irrweg, so lange sie nicht billiger als ein Dieselauto ist. Ich bin da anderer Meinung, das E-Auto kann man nicht als reines Sparprogramm sehen, das wird der Sache nicht gerecht.

Egal, sehen wir uns zuerst die Rohdaten an.

StreckeStromkostenSonstige
Wolfsburg5,00 zu Hause geladen 
Wolfsburg – Wien7,77 Tesla-SUC
18,13 Tesla SUC
6,30 Shell Recharge
Maut 9,50
Wien36,26 Maingau 
Wien – Velden2,97 Tesla SUC 
VeldenKostenlos geladen 
Velden – Wien17,76 Tesla SUC
17,76 Tesla SUC
5,92 Tesla SUC
Maut 12,50
WolfsburgKostenlos geladen 
Summe117,8722,00

Die gesamten Stromkosten betrugen EUR 117,87 (31,9 Cent pro kWh im Durchschnitt) bzw. 5,27 Cent pro Kilometer, zuzüglich 22 Euro bzw. knapp 1 Cent pro Kilometer an Mautkosten. Der Wertverlust pro Kilometer betrug geschätzte 22 Cent.

Anekdote am Rande: Nach meiner Rückkehr konnte ich ein letztes Mal an der Flexiblen Ladesäule in Wolfsburg laden. Es sollte das letzte Mal gewesen sein…

Hätte ich diese Ladung an der heimischen Wallbox gemacht, wären noch etwa EUR 16,00 dazugekommen und die Stromkosten wären damit auf 6 Cent pro Kilometer angestiegen. Effektive Gesamtkosten: 29 Cent pro Kilometer, noch unter dem amtlichen Kilometergeld von 30 Cent.

Diese Zahlen finde ich vollkommen in Ordnung – kein anderes Verkehrsmittel wäre kostengünstiger gewesen 😉 und umweltfreundlicher wohl auch nicht!


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Kommentare

6 Antworten zu „Wolfsburg – Wien – Velden – Wolfsburg elektrisch“

  1. […] lagen bei etwa 125 Euro oder 7,3 Cent pro Kilometer. Das war etwas mehr als die 6 Cent bei meiner Dreiecksfahrt WOB – Wien – Velden – WOB, bei der ich mehr kostenlosen Strom und wärmeres Wetter in der Kalkulation […]

  2. […] Wolfsburg – Wien – Velden – Wolfsburg […]

  3. […] Wolfsburg – Wien – Velden – Wolfsburg […]

  4. […] (hier gibt es nun doch eine Querverbindung zur Elektromobilität: in Kapfenberg gibt es einen sehr schön gelegenen Supercharger) und einen Marie-Jahoda-Platz findet man in Gramatneusiedl, dem Ort der […]

  5. […] meines Besuchs in Wien nehme ich Österreich als Beispiel. Der Ökostromtarif in der Großstadt Wien beträgt aktuell […]

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