Durch das Buch „Umstieg aufs Elektroauto“ komme ich mit Leserinnen und Lesern in Kontakt und es gibt immer wieder eine Reihe von spannenden Themen. Eine der eher sorgenvollen Fragen lautet: Werden die Stromnetze das Elektroauto verdauen können?
Die Wahrheit ist: Im April und Mai wurden große Mengen von Strom verschenkt oder mit negativen Preisen ins Ausland „verkauft“.

Tagsüber gibt es auch unter der Woche Börsenstrompreise nahe oder unter der Null-Grenze. Was könnte man mit diesen Mengen an elektrischer Energie anfangen? Die naheliegende Antwort – Hausspeicher – greift in der Praxis zu kurz. Diese sind meist viel zu klein, um größere Strommengen aufzunehmen.

Genau in diese Lücke passt die Elektromobilität perfekt: Autos, LKWs und Busse laden in diesen Zeiten extrem kostengünstig und eine Überlastung der Netze ist so gut wie ausgeschlossen: Den dezentralen Erzeugern per PV-Anlage oder Windrad stehen nämlich auch viele dezentrale Abnehmer gegenüber. Wer noch Zweifel hat: Wenn diese Mengen an Energie an die Grenzen transportiert werden können, sind sie auch innerhalb des Landes im Netz unterzubringen.

Im Gegenteil: Nur durch die dezentrale Abnahme größerer Strommengen kann die Erzeugungsbalance wieder hergestellt werden, denn der PV-Zubau geht besonders bei Großanlagen ungebremst weiter. Genau dieser Ausbau braucht die Elektromobilität dringend als Gegengewicht. Deshalb müssen der Ausbau von alternativen Energieproduzenten dringend die entsprechenden Abnehmer gegenübergestellt werden.

Zum Energiewirtschaftsgesetz (EnWG)
Das gesamte Gesetz umfasst immerhin 227 Seiten Papier. Die Zusammenfassung einer KI:
Das im Dezember 2024 verabschiedete dritte Gesetz zur Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) verfolgt das Ziel, die Integration erneuerbarer Energien zu verbessern und die Versorgungssicherheit zu stärken.
Eine zentrale Neuerung ist die Einführung des § 14a EnWG, der Netzbetreibern ermöglicht, bei hoher Netzbelastung die Leistung steuerbarer Verbrauchseinrichtungen wie Wallboxen oder Wärmepumpen temporär zu reduzieren. Dies soll helfen, Netzengpässe zu vermeiden und die Stabilität des Stromnetzes zu gewährleisten.
Ein weiterer wichtiger Aspekt der Gesetzesänderung betrifft die Einführung des § 49d EnWG, der die Schaffung eines zentralen Registers für Einheiten- und Komponentenzertifikate (ZEREZ) vorsieht. Ab dem 1. Februar 2025 dürfen nur noch zertifizierte Erzeugungseinheiten an das Stromnetz angeschlossen werden. Dieses Register soll die Qualitätssicherung und Standardisierung im Netzanschlussprozess verbessern und die Integration dezentraler Energieerzeugungsanlagen erleichtern.
Es steht also leider die Bürokratisierung durch neue Zertifizierungsanforderungen sowie das Abregeln von Stromverbrauchern und nicht die sinnvolle Nutzung von anfallenden Energiemengen im Vordergrund.
Zwar wird in § 13k das Prinzip „Nutzen statt Abregeln“ postuliert, der Text ist aber eher komplex gehalten und mit zahlreichen technischen und bürokratischen Hürden verbunden. Die Bewertung der KI ist eindeutig:
§ 13k des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) zielt darauf ab, die Abregelung erneuerbarer Energien zu minimieren, indem überschüssiger Strom gezielt für flexible Verbraucher nutzbar gemacht wird. Statt Wind- oder Solarstrom bei Netzengpässen ungenutzt zu lassen, können sogenannte „steuerbare Lasten“ diesen Strom zu einem vergünstigten Preis – dem sogenannten 13k-Preis – beziehen. Dieser Preis liegt in der Pilotphase bei etwa 40 €/MWh und ist damit rund 40 % günstiger als der durchschnittliche Großhandelspreis. Zudem erhalten teilnehmende Anlagenbetreiber eine Kompensation für Netzentgelte und Abgaben, solange die Gesamtkosten unter denen alternativer Netzstabilisierungsmaßnahmen bleiben.
Die Teilnahme ist auf bestimmte Regionen im Norden und Osten Deutschlands beschränkt, in denen Netzengpässe besonders häufig auftreten. Teilnahmeberechtigt sind Anlagen, die entweder neu in Betrieb genommen wurden oder nachweisen können, dass sie zuvor nur minimal Strom aus dem Netz bezogen haben. Diese sogenannten Zusätzlichkeitskriterien sollen sicherstellen, dass der bezogene Strom tatsächlich zur Netzentlastung beiträgt und nicht lediglich bestehende Verbräuche ersetzt. Seit dem Start der zweijährigen Pilotphase am 1. Oktober 2024 wurden jedoch bislang nur wenige Strommengen abgerufen, was auf die strengen Teilnahmebedingungen und Unsicherheiten bei der Stromverfügbarkeit zurückgeführt wird.
Die Regelung ist somit nicht nur bürokratisch, sie ist zudem bislang wirkungslos. Keine Wallbox und kein Ladepark kann das Zusätzlichkeitskriterium jemals erfüllen, da alle Ladeeinrichtungen klarerweise auch außerhalb des § 13k-Preises betrieben werden müssen.
Gut, der geschenkte Toaster von Weihnachten liegt noch in der Schublade und wurde noch nie verwendet, doch der ist leider für den § 13k-Strom nicht qualifiziert.
Niemand würde sich in der Hoffnung auf den nur wenig günstigeren Abregelstrom an eine Ladesäule stellen. Ein Preis von 40% unter dem durchschnittlichen Großhandelspreis ist zudem viel teurer als der negative Strompreis zu diesen Zeiten. Die Idee des § 13k kann somit rein rechnerisch nicht funktionieren.
Fazit
Die komplexen Regelwerke scheitern häufig komplett oder haben unerwartete Nebenwirkungen, die man zumeist mit noch komplexeren Regeln zu kompensieren versucht.
Wenn man etwas aus dem Ingenieurwesen mitnehmen kann: Weniger Regeln funktionieren in komplexen Systemen vielfach besser.
Und es braucht mehr elektrische Mobilität, die tagsüber den Strom dezentral und ganz ohne Bürokratie aufnehmen kann!
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