Gestern war es wieder so weit: Im DLF-Programm „Hintergrund“ wurde die Frage aufgeworfen, wie man den Kollaps der Stromnetze verhindern kann, wenn „um 18 Uhr alle nach Hause kommen und ihr Elektroauto laden“.

Dieses Szenario wird seit vielen Jahren als Schreckgespenst durch die Landschaft geführt, ist jedoch echter Unsinn. Es beginnt bereits damit, dass nicht die gesamte Nation um 18 Uhr nach Hause kommt, diese Vorstellung ist bestenfalls naiv und jedenfalls unrealistisch. Kommen Sie absolut jeden Tag exakt um 18 Uhr nach Hause?
Selbst wenn das so wäre, muss ein E-Auto nicht notwendigerweise täglich aufgeladen werden, schon gar nicht von 0 % auf 100 %, denn die durchschnittliche tägliche Fahrstrecke eines PKW liegt heute mit knapp 40 Kilometern weit unter der Reichweite von Elektroautos.
Soweit die Faktenlage. Dennoch ist es interessant, weshalb diese Frage gerade beim Elektroauto aufgeworfen wird. Weshalb wird nie diskutiert, was passiert, wenn alle PKWs in Deutschland gleichzeitig um 18 Uhr zur Tankstelle fahren? Was wäre, wenn jeder gleichzeitig um 18 Uhr telefonieren wollte? Oder wenn alle Toilettenspülungen des Landes um 18 Uhr betätigt würden? Immerhin kommen – so die einfache Vorstellung – alle gleichzeitig um 18 Uhr nach Hause. Natürlich würde man diese Gedankenspiele als offensichtlich weltfremd zurückweisen.
In einer 16monatige Studie der Netze BW in einem Mehrparteien-Wohnobjekt lag die Gleichzeitigkeit bei einer Installation von 58 Ladepunkten gerade mal bei 22 Prozent und die mögliche Spitzenleistung wurde kein einziges Mal abgerufen. Im Gegenteil, die durchschnittlich abgerufene Leistung lag unter 4 Prozent des möglichen Maximalwerts. Das Szenario „alle kommen gleichzeitig nach Hause und laden“ wurde somit sehr deutlich widerlegt.
Natürlich müssen die Stromnetze weiterentwickelt werden und netzdienlicher Stromverbrauch – nicht nur bei Elektroautos – muss durch die Möglichkeiten der Digitalisierung vorangebracht werden. Einen Kollaps der Stromnetze wegen der Elektromobilität muss jedenfalls niemand befürchten.
Schreibe einen Kommentar