1740 Kilometer

Langstrecke

Im Durchschnitt fährt der deutsche Autofahrer etwa 38 Kilometer am Tag – kein Problem für Elektroautos. Als häufiger Langstreckenfahrer bin ich an einem der letzten Wochenenden die 46fache Strecke – also 1740 Kilometer – in zwei Tagen gefahren. Wie das klappt und was man dabei beachten sollte, habe ich bereits in meinem Buch „Umstieg aufs Elektroauto“ (Stiftung Warentest) erklärt.

Dort habe ich dargestellt, dass die Langstrecke für E-Autos mittlerweile zur Normalität gehört, wenn man nicht in einem reinen Stadtfahrzeug unterwegs ist. Dazu gehören Autos, die kleine Batterien haben (unter 70 kWh) und nur mäßige Ladeleistungen erbringen (unter 150 kW in der Spitze).

Was war das Ziel? Zwei Tage, eine schnelle Reise nach Wien, entspannte Ladestopps, solide Durchschnittsgeschwindigkeit!

Tag 1

Das Wetter war durchwachsen: rund ein Drittel Regen und Temperaturen zwischen 5 °C und 13 °C erhöhten den Durchschnittsverbrauch.

Die Route führte in Richtung Süden über Magdeburg, Leipzig und Dresden in die Tschechische Republik über Prag und dann weiter bei Kleinhaugsdorf nach Österreich in Richtung Wien. Im Gegensatz zu Deutschland gibt es in der Tschechischen Republik eine PKW-Maut, von der man sich jedoch mit einem Elektroauto befreien lassen kann. Bei der Maut in Österreich ist das nicht vorgesehen, der Preis ist für alle Antriebsarten gleich. Beide Mauten konnten im Vorhinein digital gebucht werden, sodass ein Anhalten an der Grenze nicht notwendig war.

Für das Laden unterwegs stützten wir uns weitgehend auf Supercharger ab, aber nicht ausschließlich: Es kam auch eweGO zum Einsatz (Ladepunkte beim Schachtelwirt!) und fürs Destination Charging nutzen wir TankE Wien.

Was auffiel: In Tschechien gab es viele neue Supercharger, die jedoch mit den Ladesäulen der Version 3 ausgestattet waren. Vermutlich verwertete Tesla diese Ladesäulen, wenn sie an anderen Standorten mit der Hochrüstung mit Version 4 abgebaut wurden – grundsätzlich eine gute Idee.

Bei vielen Supercharger-Standorten waren auch andere Ladestromanbieter vertreten, teilweise auch mit großen Installationen. An Auswahl mangelte es nicht.

Reiseablauf:

  • Abfahrt: 6:40
  • Erster Ladestopp: 08:20 in Leipzig am Globus Supercharger
  • Zweiter Ladestopp: 10:52 in Losovice am Supercharger hinter Mondelez – perfekte Toilettenpause

Auf der nächsten Etappe umgingen wir den Autobahnstau über Nebenstrecken und unbefestigte Waldwege.

  • Dritter Ladestopp: 13:05 in Jamné am Supercharger vorm Hotel Rytířsko
  • Ankunft in Wien: 15:37

Gesamtzeit: 8:57 (Durchschnitt 89 km/h)

Die Minimalzeit für diese Strecke wird auf Google Maps mit 08:07 angegeben. Wir haben durch den Stau zwar etwas länger gebraucht, aber auch die härtesten Verbrennerfahrer wären wohl das eine oder andere Mal für einen Toilettengang oder zu einem kleinen Imbiss stehengeblieben.

Wir haben das einfach mit den Ladepausen kombiniert 😉

Die Durchschnittsgeschwindigkeit erscheint möglicherweise niedrig, liegt aber im Tür-zu-Tür-Betrieb mit normalen Pausen absolut im üblichen Rahmen von 85-100 km/h. Sehr viel mehr ist auf dieser Strecke, die nicht nur aus Autobahn besteht, kaum zu erwarten.

Tag 2

Der Rückweg verlief ähnlich und ohne besondere Vorkommnisse. Start um 9:50, Ankunft 19:30 – ergibt eine Fahrzeit von 9:40. Die Gründe: Etwas längere Pausen, ein Tick weniger Geschwindigkeit.

Beobachtung auf dem Weg: Zeit kostet Geld! Das Vorkonditionieren der Batterie für möglichst kurze Ladestopps kostete etwa 5 % der Batteriekapazität pro Ladevorgang bei kühlen, aber noch nicht wirklich kalten Temperaturen. Im Gegenzug war jeder Ladestopp etwa 30-40 Minuten kürzer als ohne Vorkonditionierung. So gesehen ist die Vorkonditionierung ein sehr wichtiges Leistungsmerkmal für jedes elektrisches Langstreckenfahrzeug.

Energieverbrauch

Die folgende Tabelle zeigt den Energieverbrauch für die gesamte Strecke für unterschiedliche Verkehrsmittel (in kWh für die Wegstrecke von 1740 km).

VerkehrsmittelEnergieverbrauch (kWh)Basis der Umrechnung
Elektroauto351 kWhgemessener Wert
Diesel-PKW≈ 1 190 kWh1 l Diesel ≈ 9,75 kWh → 122 l = 1189,5 kWh
Benzin-PKW≈ 1 280 kWh1 l Benzin ≈ 9,2 kWh → 139 l = 1279 kWh
Bahn (Strom)≈ 435 kWh (2 Pers.)Ø 125 Wh/Pkm × 1740 km × 2 Pers. = 435 kWh
Flug (Kerosin)≈ 2 610 kWh (2 Pers.)1,5 kWh/Pkm × 1740 km × 2 Pers. = 2610 kWh

Es ist klar ersichtlich: Das Elektroauto ist das Verkehrsmittel mit dem geringsten Energiebedarf, wenn zumindest zwei Personen im Auto mitfahren.

Die Bahn liegt in einem ähnlichen Bereich und ist aus Fahrgastsicht mit einem höchst zuverlässigen Autopiloten ausgestattet, man muss also nicht selbst fahren und kann die Zeit anderweitig nützlich verwenden. Jetzt nur noch pünktlich werden!

Es ist klar zu sehen, wie weit abgeschlagen die hocheffiziente Verbrennertechnik liegt. In allen Fällen blieben die „grauen Energien“ unberücksichtigt – das Ergebnis ist auch ohne deren Berücksichtigung überdeutlich.

Fazit

Die Langstrecke funktioniert und es wird jedes Jahr einfacher, weil die Ladeinfrastruktur wächst. Doch nun sind es nicht mehr die großen Sprünge, um weiße Flecken auf der Landkarte zu erschließen, aber es gibt zunehmend mehr Flexibilität bei der Planung und zusätzliche Bequemlichkeit beim Laden. Eine manuelle Ladeplanung wie in Anfangszeiten ist mittlerweile schlichtweg überflüssig.

Dieser Ausflug hat aber auch gezeigt, was ein fünf Jahre altes Auto mit über 220.000 Kilometern auf der Uhr nach wie vor leistet. Wer bei der Modellwahl zu einem langstreckentauglichen E-Fahrzeug greift, bleibt lange langstreckenmobil.


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