Kitzbühel trifft Zukunft

Das schöne Örtchen Kitzbühel kennen viele, vermutlich vom Wintersport im Fernsehen oder von halbdubiosen Immobiliengeschäften. Doch auch im Sommer ist es ein schönes Ziel für einen kurzen Besuch und einen Spaziergang durch den Ort. Neben einem sehr unauffälligen Supercharger mit lediglich vier Ladepunkten am Ortseingang gibt es auch einige andere Lademöglichkeiten, zum Beispiel einen älteren Triple-Charger am Parkplatz vor dem Bahnhof Kitzbühel-Hahnenkamm. Und genau an dieser Ladesäule stand ein wirklich kurioses Fahrzeug.

Kitzbühel trifft Zukunft: das roadLAB in Kitzbühel

Auf den ersten Blick schien es sich um einen städtischen Kleinbus zu handeln und obwohl es gewisse Ähnlichkeiten gab, hatte das Fahrzeug einen gänzlich anderen Zweck.

Kitzbühel trifft Zukunft: das roadLAB in Kitzbühel

roadLAB on the Road

Es handelte sich um das roadLAB des Technischen Museums Wien – mitten in Tirol! Damit tourt das Museum zu österreichischen Schulen, um Schülern die Möglichkeiten der digitalen Fertigung näherzubringen, inklusive 3D-Druckern und Laser-Cuttern, natürlich mit mobiler Absauganlage – safety first. Das gesamte Equipment ist auf Rollkästen untergebracht und kann über eine Laderampe im Heck aus- und eingeladen werden. Das ist schon eine sehr coole Sache!

Kitzbühel trifft Zukunft: das roadLAB in Kitzbühel

Das Fahrzeug ist seit 2022 unterwegs und stellt ein absolutes Einzelstück dar. Es basiert auf dem Nissan e-NV200 und ist in der Art eines teilintegrierten Wohnmobils gestaltet: Die Fahrerkabine, der Antrieb und die Hinterachse (mit verstärkten Blattfedern) blieben erhalten, der Rest des Fahrzeugs ist ein Spezialumbau.

Kitzbühel trifft Zukunft: das roadLAB in Kitzbühel

Die originale Batterie mit einer Kapazität von 24 kWh wanderte aufs Dach. Dort findet sich eine zusätzliche Klimaanlage und ein PV-Modul als Beitrag zum Standverbrauch. Da die Antriebsbatterie bereits ziemlich klein ist, wurde im Fahrzeug eine zusätzliche Batterie für die fahrzeugunabhängigen Stromverbraucher verbaut. Der 3D-Drucker kann somit auch während der Fahrt laufen – die Ergebnisse sind naturgemäß mehr interessant als akkurat 😉 Forscher forschen eben!

Kitzbühel trifft Zukunft: das roadLAB in Kitzbühel

Mit dem Dachumbau passte das Fahrzeug haargenau unter das Solardach über der Ladesäule, die Höhenkontrolle des Parkplatzes wurde vom Platzwart freundlicherweise demontiert.

CHAdeMO vs. CCS – Ladeprobleme auf der Langstrecke

An dieser Ladesäule in Kitzbühel offenbarte sich das klassische Nissan-Problem: Es gibt ausschließlich den CHAdeMO-Anschluss fürs Schnellladen! Die Besatzung des roadLAB meinte, die Reichweite des Fahrzeugs läge bei etwas über 100 Kilometern. Eine Fahrt von Kitzbühel nach Wien (366 Kilometer) ist somit tagesfüllend und Ladesäulen mit CHAdeMO-Anschluss schmelzen mittlerweile schneller als die Gletscher im Sommer.

Kitzbühel trifft Zukunft: das roadLAB in Kitzbühel

Außerdem wurde mir das folgende Leid geklagt: Ladeverzeichnisse sind nicht immer aktuell, sodass gelistete CHAdeMO-Säulen bisweilen abgebaut und durch pure CCS-Installationen ersetzt sein können. Das habe bereits für stressvolle Momente gesorgt.

CCS-Adapter: Lösung für alte Nissan-Modelle

Zum Glück konnte ich an dieser Stelle mit aktuellen Informationen aushelfen, denn Anfang 2025 hatte ich nach der Publikation von „Umstieg aufs Elektroauto“ ein sehr interessantes Gespräch mit Dipl.-Ing. Rainer Bücken aus Berlin, der über große Erfahrungen mit CCS-CHAdeMO-Adaptern verfügt. Ihn plagten dieselben Probleme mit seinem Leaf und in der Fachzeitschrift für Elektrofachkräfte „Elektropraktiker“ hat er bereits 2024 und auch 2025 darüber geschrieben.

CCS-CHAdeMO-Adapter

Mittlerweile sind kompakte CCS-CHAdeMO-Adapter verfügbar, die die volle Ladeleistung des Nissan e-NV200 zuverlässig unterstützen und auch die notwendige Haltbarkeit bieten. Mit rund 1.000 Euro sind sie zwar keine günstige Investition, doch wer weiterhin mit CHAdeMO auf der Langstrecke unterwegs ist, wird die Anschaffung sehr wahrscheinlich zu schätzen wissen.

Im Vergleich zu den Umbaukosten von rund 400.000 Euro für das roadLAB fällt dieser Betrag allerdings kaum ins Gewicht.

Ich wünsche dem roadLAB auf jeden Fall immer genügend Ladung in der Dachbatterie!


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